Qualitätsbereich Pflege und Mahlzeiten

Pflege

Pflegesituationen bestimmen einen Großteil des Tagesablaufes in Tageseinrichtungen und sind deshalb als Schlüsselsituationen ein wesentlicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit. Gerade weil sie so häufig vorkommen, ist es entscheidend, in welcher Qualität sie durch die pädagogischen Fachkräfte gestaltet werden. Pädagogisches Handeln muss darauf ausgerichtet sein, kooperative Pflege, Partizipation und Wertschätzung als oberste Handlungsleitsätze zu verwirklichen. Nur so wird Pflege zu einer positiv erlebten Situation für Kinder, in der entwicklungsförderliche Bildungserfahrungen im Sinne des KiFöG und des Bildungsprogramms gemacht werden können. Teilhabe und Mitbestimmung sind Anforderungen, wie sie zentral im Leitgedanken, im Bildungsbereich Körper und in dem Kapitel "Kinder als Individuen" des Bildungsprogramms sowie im §7 KiFöG dargestellt werden. Sind die Erfahrungen von Teilhabe und Mitbestimmung im Pflegeprozess verlässlich, stärkt das die Bindungs- und Beziehungsqualität und trägt zur sprachlichen Bildung und Gesundheitsbildung bei.

Zeigt ein Kind Signale des Interesses wie z.B. das für die Toilette, durch das Entfernen der Windel, durch sprachliche Äußerungen zu Stuhlgang, bieten pädagogische Fachkräfte unserer Einrichtungen dem Kind an, die Toilette oder ein Töpfchen zu nutzen. Die Sprache der pädagogische Fachkräfte, das Vorbild anderer Kinder und die Gestaltung von Rahmenbedingungen wie Zeitabläufe, Regeln zum Toilettengang und WC-Gestaltung, geben jedem Kind Orientierung für den Umgang mit dem Körper und die eigene Sauberkeitsentwicklung.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass jedes Kind einen Reifeprozess durchlaufen muss, um selbstbestimmt und sicher den Toilettengang zu vollziehen. Dieser ist durch keine Trainingsmaßnahmen zu beschleunigen und ist individuell zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen. Die pädagogische Fachkräfte der Gemeinde sind achtsam gegenüber den unterschiedlichen Zeitphasen und Erprobungsversuchen jeden Kindes.

Die Selbstwirksamkeitserfahrungen sind wesentlich für die Entwicklung eines gesunden Körperbildes. Die Erfahrungen, die inneren und äußeren Prozesse des eigenen Körpers wahrzu-nehmen und zunehmend mehr regulieren zu können, tragen zur Identitätsentwicklung und zur sensomotorischen Entwicklung bei. Forschungen zeigen, dass „Trocken werden“ keine Sauber-keitserziehung sondern individuelle Sauberkeitsentwicklung ist, die jedes Kind eigenaktiv mit Be-gleitung der Pädagog*innen bewältigt.
 

Mahlzeiten

Die pädagogischen Fachkräfte einer Einrichtung tragen die Verantwortung für das Wohl sowie die bestmöglichen Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern, wenn sie sich in der Einrichtung aufhalten (KiFöG, SGB VIII). Die Einnahme und die Gestaltung von Mahlzeiten formuliert das Bildungsprogramm im Bildungsbereich Körper als wesentliche Bildungsprozesse im Aufwachsen eines jeden Kindes. Mahlzeitensituationen werden als pädagogische Schlüsselsituationen bezeichnet, die ein hohes Anforderungsniveau an die Einrichtung insgesamt stellen. Sie sind komplexe Situationen, in denen Kinder nicht nur erfahren wie Nahrungsbestandteile heißen, wie sie aussehen, sich anfühlen und schmecken, Mahlzeiten sind darüber hinaus auch soziale und kulturelle Angebote. Werte des Umgangs miteinander, des Teilens sowie die Wertschätzung von Nahrungsmitteln gehören ebenso dazu wie das motorische Lernen durch den Einsatz von Werkzeugen, Handhaltung und die sprachliche Bildung.

Insofern sind die pädagogische Fachkräfte verantwortlich für die Gestaltung von förderlichen Mahlzeitensituationen in der Kita und entwickeln im Team Grundsätze, wie sie diese bewusst pädagogisch rahmen. Dabei werden die Strukturen und Abläufe in der Kita, die Raumgestaltung, die Materialien und die Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Beteiligung einbezogen.

Sie sichern ab, dass jedes Kind in seinem Tempo die Mahlzeit einnehmen kann. Sie lassen Kinder ausprobieren und selbst entscheiden, mit welcher Hand sie ihr Besteck nutzen. D.h. auch z.B., dass insbesondere 0-3 jährige Kinder Essen mit den Händen erkunden können.

Die pädagogische Fachkräfte berücksichtigen, dass Kinder von- und miteinander lernen, darum unterstützen sie eine Platzwahl, in der Kinder unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Kompetenzen an einem Tisch sitzen können.

Sie ermuntern die Kinder zur Aufnahme und zum Ausprobieren von Nahrung, drängen sie jedoch nicht. Hierbei berücksichtigen sie, dass Kinder eigene Vorstellungen von der Art und Weise des Essens haben und individuelle Entwicklungsprozesse eine Rolle spielen, z.B. bei der Bevorzugung und Ablehnung bestimmter Lebensmittel.

Da früh angelegte Essensmuster Auswirkungen auf lebenslanges Essverhalten haben, lassen die pädagogischen Fachkräfte zur Förderung der Wahrnehmung von Hunger- und Sättigungsgefühl jedes Kind selbst entscheiden, wann es aufhört zu essen. Sie akzeptieren die Entscheidung des Kindes, ohne über Lob, Überredung oder gar Bestrafung Einfluss auf das Kind zu nehmen.

Pädagogische Fachkräfte beteiligen Kinder an allen, die Mahlzeiten betreffenden Situationen, wie z.B. dem Vorbereiten und Nachbereiten oder dem Wählen der Speisen aus dem Menüplan. Darüber hinaus regen sie Kinder an, ihre Meinung als Rückmeldung zur Mahlzeit zu äußern und berücksichtigen diese bei der weiteren Planung.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Art und Weise des frühkindlichen Essenlernens das Essverhalten lebenslang prägt – so sind Erfahrungen von selbstbestimmtem Essen, von Hunger und Sättigung und das Erleben einer angenehmen Essatmosphäre der Grundstein für ein genussvolles und gesundes Essverhalten und eine Vorbeugung von Ernährungsstörungen.

Die UN-Kinderrechte und das Bildungsprogramm verweisen darauf, dass Erfahrungen von Selbstwirksamkeit, Mitbestimmung und Teilhabe Rechte eines jeden Kindes sind und zu einer gesunden Identitätsentwicklung beitragen.